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Dissertation / PhD Thesis | PUBDB-2025-04049 |
2025
Abstract: Jedes Lebewesen steht im ständigen Austausch mit seiner Umwelt und ist sich veränderndenUmweltbedingungen ausgesetzt. Dies gilt insbesondere für einzellige Organismen wieBakterien aber auch für einzellige Eukaryoten. Denn diese besitzen keine spezialisiertenOrgane und sind somit Änderungen in ihrem Lebensraum ganzheitlich ausgesetzt. DieseÄnderungen können steigende oder fallende Temperaturen, pH-Werte, Salzkonzentrationenoder das Vorhandensein von Umweltgiften, antibiotischen Substanzen oder andereverwandte sowie nicht verwandte Zellen und Organismen sein. Solche Veränderungen könneneinen großen Einfluss auf Zellen und Organismen haben und deshalb ist es notwendig sich andiese veränderten Bedingungen anzupassen. Um diese Anpassung zu gewährleisten, müssenUmweltreize wahrgenommen und zelluläre Prozesse reguliert werden. Dazu haben alleLebewesen membranständige Systeme entwickelt, welche diese Reize wahrnehmen und sieüber die Zellmembran in das Zellinnere weiterleiten. Dort wird eineSignaltransduktionskaskade ausgelöst, die in der Anpassung spezifischer zellulärer Prozessegipfelt. Dazu haben Bakterien ein sogenanntes Zweikomponentensystem entwickelt. Diesesbesteht in seiner einfachsten Form aus einem membranständigem und einem zytosolischenProtein. Das membranständige Protein nimmt einen Umweltreiz mit einer extrazellulärenDomäne wahr, wodurch eine intrazelluläre Kinasedomäne aktiviert wird, welche durchPhosphorylierung einen Effektor aktiviert, wodurch das Signal weitergeleitet wird. Eineweitere Variante der Signalweiterleitung besteht im Einsatz von sekundären Botenstoffen,welche nach der Wahrnehmung von extra- oder intrazellulären Reizen eingesetzt werden, umzelluläre Prozesse spezifisch zu regulieren. Zu bakteriellen sekundären Botenstoffen zählenkleine Moleküle wie Lipide zur Reizweiterleitung innerhalb von Membranen oder löslicheMoleküle wie Ionen (Ca2+, Mg2+), Nukleotide und zyklische di-Nukleotide bis hin zu Gasen oderfreien Radikalen, welche spezielle extrazelluläre Signalmoleküle sind. Besonders die aufNukleotiden und zyklischen di-Nukleotiden basierenden sekundären Botenstoffen stellen einein Bakterien weitverbreitete und vielseitige Gruppe da. In dieser Gruppe ist zyklisches di-Guanosinmonophosphat (c-di-GMP) der bekannteste Vertreter. c-di-GMP ist ein reinesbakterielles Signalmolekül, das von allen bekannten Bakterien als sekundärer Botenstoffeingesetzt wird. Zu den Prozessen, die es reguliert, zählen unter anderem Zellzyklus,Zusammenfassung2Zellteilung, Zelldifferenzierung, Biofilmbildung, Pathogenität, Mobilität und die Regulationvon Sekretionssystemen. Um diese Vielzahl an zellulären Prozessen in Abhängigkeit vonUmweltreizen und Wachstumszyklus der Zellen regulieren zu können, wird ein ausgeklügeltesNetzwerk an Enzymen eingesetzt. Dieses Netzwerk umfasst Diguanlyatzyklasen (DGCs),welche die Zyklisierung von zwei GTP Molekülen zu c-di-GMP katalysieren,Phosphodiesterasen (PDEs), die c-di-GMP spalten und abbauen, sowie natürlich Rezeptoren,die c-di-GMP binden und in ihrer Funktion reguliert werden, um den Umweltreiz in eineVeränderung zellulärer Prozesse umzusetzen. Die bekannten DGCs besitzen immer eineGG(D/E)EF Domäne und PDEs entweder eine EAL oder HD-GYP-Domäne. Im Gegensatz dazuweisen die c-di-GMP Rezeptorproteine eine deutlich höhere Variabilität auf. Die bisherbekannten c-di-GMP Bindungsdomänen lassen sich in PilZ, GG(D/E)EF I-site, degenerierte EAL,STING und MshEN Domänen zusammenfassen. MshEN ist die N-terminale Domäne einerATPase aus Vibrio cholerae, die mit dem Type-II Sekretionssystem assoziiert ist. Ihre Strukturim Komplex mit c-di-GMP wurde 2016 beschrieben. Damit ist sie das neueste Mitglied derFamilie der c-di-GMP-Rezeptoren. Im Zuge dessen wurde ein volkommen neuer c-di-GMPBindungsmodus beschrieben mit einer Konsensussequenz, die in vielen bakteriellen Genomenkonserviert ist. Im Vergleich zu den anderen bekannten c-di-GMP Bindungsmodi weist MshENeine sehr hohe Anzahl an hydrophoben Interaktionen mit c-di-GMP auf, welche durch eineVielzahl an Wasserstoffbrücken bei der Bindung von c-di-GMP unterstützt werden. DurchSequenzvergleiche wurden im N-terminalen Bereich von PilF aus Thermus thermophilus(TtPilF) drei sogenannte „general secretory pathway< (GSPII) Domänen mit einer hohenSequenzähnlichkeit und hohen Konservierung der MshEN-Konsensussequenz gefunden. TtPilFist eine ATPase, welche mit dem Type-IV Sekretionssystem und gleichzeitig mit dem extremeffizienten DNA-Translokator von T. thermophilus assoziiert ist. Im Folgenden werdenausführliche strukturelle, biochemische und funktionelle Studien bezüglich der ersten beidenGSPII Domänen (A und B) zusammengefasst. Dazu wurden Kernspinresonanzspektroskopie(NMR), Röntgenkristallstrukturen, Isotherme Titrationskalorimetrie (ITC) und in-vivo Studienkombiniert um die Domänen im Detail zu charakterisieren.Der größte Teil dieser Arbeit bezieht sich auf strukturelle und biochemische Untersuchungender GSPII-B-Domäne von TtPilF (Publikation 1 und 3), welche die größte sequentielleGemeinsamkeit mit MshEN aufweist. Durch auf NMR-Daten basierende Berechnungen derTertiärstruktur von GSPIIB mit (holo) und ohne (apo) gebundenem c-di-GMP und einer3Röntgenkristallstruktur der c-di-GMP-gebundenen GSPII-B-Domäne konnte eine exaktestrukturelle Charakterisierung durchgeführt werden. Sowohl im apo- als auch im holo-Zustandweist die GSPII-B-Domäne eine zu MshEN nahezu identische Faltung auf mit kleinenUnterschieden in der relativen Orientierung der N- und C-terminalen Subdomänenzueinander. Im Vergleich des apo- und des holo-Zustandes unterscheiden sich lediglich dieersten ñ-Helices, welche im apo-Zustand eine Windung länger ist als im holo-Zustand. Somitmuss sich die erste Windung der Helix teilweise entfalten, damit c-di-GMP in die Bindetaschepasst. Weiterhin konnte durch einen Vergleich des holo-Zustandes von GSPIIB und der c-di-GMP gebundenen Struktur von MshEN gezeigt werden, dass sowohl die Faltung als auch derc-di-GMP Bindungsmodus weitestgehend konserviert sind. Interessanterweise konnte durchITC-Messungen für GSPII-B eine 83-fach höhere Affinität von 6 nM zu c-di-GMP im Gegensatzzu 500 nM für MshEN festgestellt werden, obwohl die MshEN Konsensussequenz bis auf zweiPositionen exakt erhalten ist. Diese beiden Positionen markieren einen Austausch von zweiArgininen zu den zwei hydrophoben Aminosäuren Lysin und Leucin in GSPII-B. In MshENstabilisieren diese Arginine c-di-GMP in der Bindungstasche durch Kationen-π-Stapelwechselwirkungen mit den Guaninbasen, während in GSPIIB diese Wechselwirkungendurch Lysin und Leucin hydrophober Natur sind. Weiterführend konnte durchPunktmutationsstudien gezeigt werden, dass diese hydrophoben Stapelungsinteraktionenausschlaggebend sind für die extrem hohe Affinität von GSPIIB zu c-di-GMP. Dies konnte durchanschließende Röntgenkristallstrukturen der GSPII-B-Mutanten auf struktureller Ebenebekräftigt werden, da die hydrophoben Interaktionen zu einer deutlicheren Elektronendichteführten. Zusammengefasst konnte dadurch gezeigt werden, dass hydrophobe Interaktionenein Schlüsselelement für die hochaffine Bindung von c-di-GMP sein können. Dadurch konntedie MshEN-Konsensussequenz von RLGxx(L)(V/I)xxG(I/F)(L/V)xxxxLxxxxLxxQ zu(R/K/L)LGxx(L)(V/I)xxG(I/F)(L/V)xxxxLxxxxLxxQ erweitert werden. Interessanterweise stelltGSPIIB somit außerdem die erste Domäne dar, welche c-di-GMP ohne die Involvierung vonArgininen bindet. Zusätzlich dazu konnte gezeigt werden, dass in GSPII-B die C-terminaleSubdomäne die Bindung von c-di-GMP fördert, wohingegen in MshEN die Bindung durch dieC-terminale Subdomäne behindert wird.Um die Funktion der c-di-GMP Bindung an GSPIIB genauer zu untersuchen, sollte durch dieEinbringung weiterer Mutationen (Q190E, Q218E und Q190E+Q218E) die Bindung von c-di-GMP beeinträchtigt werden. Die GSPIIB-Konstrukte Q190E und Q218E wiesen bereits einenZusammenfassung4drastischen Affinitätsverlust auf und die Doppelmutante Q190E+Q218E verhinderte die c-di-GMP Bindung letztendlich komplett. Durch eine Einbringung dieser Mutationen in TtPilF in-vivo konnte gezeigt werden, dass eine Beeinträchtigung der c-di-GMP Bindung an GSPIIB zueiner Verringerung der Oberflächenhaftung und Beweglichkeit der Zellen führt.Interessanterweise konnten keine Effekte bezüglich DNA-Aufnahme oder ATPase-Aktivitätfestgestellt werden.Durch die Einbringung der Punktmutationen Q190E und Q218E in GSPIIB sollten wichtigeProtein-Liganden Interaktionen durch den Austausch eines Carboxamids durch eineCarboxylgruppe verhindert werden. Außerdem führt dieser Austausch dazu, dass durch dieCarboxylgruppe eine partiell negativ geladene Seitenkette in direkter Nähe zum partiellnegativ geladenem Ribose-Phosphat-Rückgrat von c-di-GMP positioniert ist. Die Abstoßungzweier negativ geladener Gruppen sollte die c-di-GMP Bindung verhindern. Allerdings konntenITC-Messungen der Q190E und Q218E GSPII-Mutanten zeigen, dass diese, bei einem neutralenpH-Wert (7.5), c-di-GMP immer noch mit relativ hohen Affinitäten von 950 nM (Q190E) und460 nM (Q218E) binden. Zur genaueren Untersuchung wurden die Röntgenkristallstrukturender Q190E und Q218E Mutanten im holo-Zustand bei einem neutralem pH-Wert gelöst(Publikation 3). Diese zeigen deutlich, dass in beiden Strukturen die Carboxylgruppen derGlutamatseitenketten in Richtung des Ribose-Phosphatrückgrats zeigen und in einerEntfernung liegen, welche die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen indizieren.Dadurch konnte in Kombination mit ITC-Experimenten bei verschiedenen pH-Werten (8.5-4.0)gezeigt werden, dass die Seitenketten der Glutamate E190 und E218 in den GSPII-B-Mutanteneinen deutlich veränderten pka-Wert aufweisen und schon bei neutralem pH-Wert teilweiseprotoniert vorliegen. Durch gezielte NMR-Experimente konnte eine Protonierung derCarbonylgruppe für E190 eindeutig nachgewiesen werden. Dadurch konnte gezeigt werden,dass auch Aminosäuren mit einer kanonisch negativ geladenen Seitenkette im richtigenchemischen Kontext bei einem neutralen pH-Wert Wasserstoffbrücken zu einem Ribose-Phosphat-Rückgrat von Nukleinsäuren ausbilden können. Damit konnte darauf hingewiesenwerden, dass bei der Suche nach potentiellen DNA/RNA-Bindungsmotiven, wo der Hauptfokusaufgrund des negativen Ribose-Phosphat-Rückgrats traditionell hauptsächlich aufAminosäuren mit positiven Seitenketten (Arginin, Lysin, Histidin) lag, auch Glutamate oderAspartate berücksichtigt werden sollten.5In einer weiteren Studie (Publikation 2) wurde die die GSPII-A-Domäne von TtPilF, welche diegeringste Konservierung der MshEN Konsensussequenz aufweist, untersucht. Durch ITC- undNMR-Experimente konnte bereits gezeigt werden, dass die GSPII-A-Domäne von TtPilF kein c-di-GMP bindet, während GSPII-B und -C c-di-GMP mit einer Affinität im niedrigen bismittlerem nanomolaren Bereich binden (Publikation 1). Zur genaueren Untersuchung derUrsachen der fehlenden Bindung wurde die Tertiärstruktur der GSPIIA-Domäne mittels NMR-Spektroskopie ermittelt (Publikation 2). Dadurch konnte gezeigt werden, dass die GSPII-A-Domäne die MshEN-typische Faltung besitzt und sich lediglich in der relativen Orientierungder Subdomänen zueinander von MshEN und GSPII-B unterscheidet. Außerdem konnte ineinem Vergleich des apo-Zustandes von GSPII-B und der Struktur von GSPII-A gezeigt werden,dass in GSPII-A die erste ñ-helix lediglich eine Aminosäure länger ist als in GSPII-B. Doch trotzder ähnlichen Faltung konnte eine vollständige Rekonstruktion der MshEN Konsensussequenzdie c-di-GMP- Bindung in GSPII-A nicht wiederherstellen. Dadurch konnte gezeigt werden,dass weitere, womöglich strukturelle, Faktoren eine Bindung von c-di-GMP verhindern.Maßgeblich unterscheidet sich die GSPIIA-Struktur von MshEN durch die relative Orientierungder Subdomänen zueinander, welche in GSPIIA durch einen engen Kontakt von ñ1 in der N-terminalen Subdomäne und ñ7 in der C-terminalen Subdomäne charakterisiert ist. Außerdemkonnte gezeigt werden, dass ñ1 N-terminal durch einen idealen N-cap stabilisiert ist. Dadurchwird ñ1 in GSPIIA stabilisiert und kann sich nicht wie in GSPIIB entfalten. In Kombinationverhindern der enge Kontakt zwischen ñ1 und ñ7 sowie der N-cap, dass c-di-GMP in dieBindetasche eindringen kann. Somit ist auch bei einer vollständigen Rekonstruktion derMshEN Konsensussequenz GSPIIA nicht in der Lage, c-di-GMP zu binden. Durch ausführlicheMutationsstudien, in welchen zuerst die C-terminale Subdomäne und anschließend das N-capping entfernt wurden, konnten diese Annahmen bekräftigt werden. Eine Entfernung derC-terminalen Subdomäne im Kontext einer GSPIIA-Domäne mit rekonstruierten MshEN-Motiven führte zu einer Bindung von c-di-GMP mit einer Affinität im niedrigen mikromolarenBereich. Zusätzlich führte eine N-terminale Verkürzung dieses Konstruktes, wodurch der N-cap entfernt wurde, zu einer Verbesserung der c-di-GMP Bindung mit einer 19fach höherenAffinität. Durch weitere NMR-Experimente konnte daraufhin gezeigt werden, welchePositionen in den Bindungsmotiven ausschlaggebend für eine hochaffine c-di-GMP Bindungmit dem aus MshEN und GSPIIB bekannten Bindungsmodus sind. Somit konnte anhand derGSPIIA und -B Domänen von TtPilF die MshEN-c-di-GMP Rezeptorklasse genauerZusammenfassung6charakterisiert werden und sowohl Faktoren, welche für eine hochaffine Bindung notwendigsind als auch Faktoren, welche eine Bindung verhindern, identifiziert werden.Zusammengefasst tragen die drei Publikationen, auf denen diese Thesis basiert, zu einemdetaillierteren Verständnis der c-di-GMP Bindung durch GSPII Domänen bei. Zuvor war dieDatenlage mit der Struktur des MshEN/c-di-GMP Komplexes sehr gering und zusätzlich fehltenStrukturdaten zu einer apo GSPII Domäne, welche in der Lage ist c-di-GMP zu binden. Durchdie Aufklärung und ausführliche strukturelle und biochemische Charakterisierung von GSPII-Aund GSPII-B konnten die Faktoren herausgearbeitet werden, welche bei GSPII-A dazu führen,dass diese Domäne kein c-di-GMP bindet (Publikation 1) und bei GSPII-B die Faktoren, welchefür eine hochaffine Bindung von c-di-GMP verantwortlich sind. Dadurch konnte gezeigtwerden, dass auch homologe Proteindomänen durch punktuelle und minimale Unterschiededeutlich unterschiedliche Funktionen und Kapazitäten besitzen können. Anhand derdetaillierten Charakterisierung von GSPII-B konnte die MshEN-Konsensussequenz erweitert,hydrophobe Protein-Ligand-Interaktionen als Schlüsselfaktor für die hochaffine c-di-GMPBindung herausgearbeitet (Publikation 1) und protonierte Glutamate als potentielleMitglieder von RNA/DNA-Erkennungsmotiven (Publikation 3) etabliert werden.
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